An einer Buchhandlung komm ich kaum vorbei. Schon gar nicht auf dem Weg in den Urlaub. Mehr Bücher als frische Socken im Gepäck und trotzdem geh ich rein. Plan- und ziellos, rauf in den ersten Stock, zieh zufällig ein Buch aus dem Regal und mir schießt “das muss!” durch den Kopf: “Herr Tourette und ich” von Pelle Sandstrak. Eine der berührendsten Autobiografien, die ich bisher lesen gelesen habe.
Inhalt
Pelle Sandstrak ist Zwangsneurotiker, der auch am Tourette-Syndrom erkrankte. Im Buch erzählt er seine Geschichte über sich und seine Krankheit. Bereits im Kindesalter entwickelt er Rituale, die sein Leben nach und nach beeinflussten und irgendwann auch übernahmen. Sie drängen ihn schlußendlich an den Rand seiner Existenz.
Er erzählt dies ohne jegliche Betroffenheit oder Selbstmitleid. Im Gegenteil: an manchen Details lässt sich erahnen, dass er mit der gesamten Tragweite auch hinter dem Berg hält. Er hat stets eine Portion Selbstironie dabei. Staubtrocken.
Mut
Zwänge üben seit je her eine Faszination auf mich aus. Immer wieder stellte ich mir die Frage, wie sich das anfühlt, warum nicht einfach ausbrechen und diese Rituale nicht ausführen? Jetzt glaub ich es besser zu verstehen. Das ist ein ungeheuer wertvoller Beitrag, den Sandstrak mit diesem außergewöhnlichen Buch geleistet hat. Schilderungen von Krankheiten laufen Gefahr, den erkrankten als eine Art Affe-im-Zirkus zu stilisieren: schaut her, was der hat! Den Eindruck hatte ich nicht. Pelle Sandstrak geht mit seiner Erkankung offen, mutig und einer gehörigen Portion Selbstvertrauen um. Es ist ja auch ein “Bericht eines glücklichen Menschen”. Ich bin zutiefst beeindruckt.
Fazit
So oft mich der Autor mit seiner Innenansicht in seine Welt sog, so oft war ich gebannt, konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Es ist tatsächlich spannender als ein Krimi, gleichzeitig unaufgeregt berührend, mitreissend und hiermit wärmstens empfohlen.