Gestern sah ich die Aufführung des Konzeptalbums „The Wall“ zum zweiten mal. Vor zwei Jahren in Zagreb war ich euphorisch. Diesmal war es anders, als ich es gehofft hatte. Eine Neubewertung.
Technik? Wow!
Die Show ist fantastisch, technisch einwandfrei. Die aufgebaute Mauer wird auf ihrer ganzen Länge -und das sind beachtliche 115 m- bespielt. Nach allen Regeln der multimedialen Kunst: Fliegende Schweine, abstürzende Jagdflieger, Videosequenzen bis zum Abwinken, der Rundumsound perfekt. Die Musik perfekt eingespielt und aufgeführt. Und trotzdem bin ich enttäuscht.
Ursprung
Nachdem ich die Show kenne, konnte mich auf das hinter den Effekten konzentrieren:die Botschaft. Ursprünglich erzählt „The Wall“ die Geschichte des verzweifelten Pink, dem die Realität zu schwer und bedrohlich wird. Familie, Tragödien, totalitär empfundene Systeme zwingen ihn in seinen inneren dumpfen Bunker. Ein Ort der Sicherheit, der ihn aber auch von der Welt ausschließt. Das Konzeptalbum endet damit, dass die Mauer eingerissen wird, Pink muss sich der Realität stellen. In Wahrheit ist es die Geschichte von Roger Waters. Der Plot von „The Wall“ ist sehr stark autobiografisch.
Adaption
Waters hat die 30 Jahre alten Motive transportiert und die Show gleichzeitig vollkommen überladen. Jetzt sind es sämtliche Religionen, die Unheil über Menschen bringen, Kriege und Welthunger die Krieger und Kinder dahinraffen. Kapitalistische Imperien und Regierungen die Gesellschaften indoktrinieren, der Terrror im Allgemeinen. Pfuh, alles Unheil dieser Welt in 2 Stunden auf ein Fußballstadion projeziert und geballert. Mit Vollgas. Jedes dieser Themen ist für sich schwer genug und wert sich dagegen aufzulehnen. Aber in der geballten Übermacht ist es einfach zu viel.
Fazit
Ich mag die Geschichte Pinks in „The Wall“. Eine Seele, die ums Überleben kämpft. Das ist nachvollziehbar, hat einen roten Faden und berührt mich immer noch. Die Neuinterpretation ist ein bombastisch martialisch Rundumschlag, voller Wut auf die Welt. Seele hat sie jedoch keine.
Hallo Gottfried,
vielen Dank für deinen Artikel! Ich war ebenfalls bei Waters in Wien und du hast Recht, das Konzert war themeninhaltlich überladen.
Ich hab‘ vor ein paar Wochen auch mal was dazu geschrieben. Vielleicht interessiert’s dich ja…
http://www.kuriositext.com/2013/10/28/der-pazifist-und-seine-abstruse-kapitalismus-kritik/
Liebe Grüße – schreibe weiter!
Kathrin
Hallo Kathrin,
danke für dein Kommentar und Link. Bin ihm gefolgt und antworte dort ….
Lg Gottfried