Hochschwab. Kein Witz.

Des kommt alles in den Blog!, wird zum geflügelten Scherz für kleine Widrigkeiten unserer Reise. Ich wusste nicht, dass meine schriftlichen Erinnerungen als Pranger wahrgenommen werden. Aber gut, ich nehme das zur Kenntnis und gelobe Besserung. Dass der Abstieg durch ein Flussbett alles andere als angenehm wahr, möchte ich dennoch festhalten. Doch zurück an den Anfang.

Begonnen hat der Tag um 0500 Uhr, 13 Stunden Rundwanderweg liegen vor uns. Die Beine bemerkenswert frisch, der Ruhetag hat sich gelohnt um dem großen, heimlichen Ziel des Wanderurlaubes näher zu kommen: Gipfelkreuz am Hochschwab. Zur Erinnerung, der Annaberg war bisher das Maß aller Dinge. Christian und Georg haben auch diesmal die Planung übernommen. Am Anfang a Schnoppa, dann flach dahin bis zum Gipfel, zeigen sie mir das Tagesprofil. Ich wollte es glauben. Noch schnell die Wasserflasche in den Rucksack gepackt, halbvoll, am Weg gibt es sicher genügend Bächlein. Ich unsagbarer Depp ich.

Die ersten 500 Höhenmeter tun weh, weil ohne Aufwärmen. Ich hänge mich hinten an die Gruppe, Kopf runter, Hirn aus, genießen, aufsaugen, du wirst noch lang dran denken, geht mir durch den Sinn. Beim ersten Schnaufen kurzes Innehalten, Blick nach unten. Ein schwarzer Pudel im Augenwinkel. Weiter. Nur Minuten später mache ich Platz, damit er mich überholen kann. Beide im Laufschritt. Wie der Herr, so es G’scher. Vermutlich als Pre-Frühstücksaufwärmübung vor dem Aflenz-Megathlon.

Nach einer Stunden sind wir oben, erste Pause, Christian sucht einen Cache, ich Erholung. Von nun an geht es tatsächlich für ein paar Kilometer auf Bergrücken entlang, gemächlich bergauf. Den ersten überquerten Schnee finden wir noch lustig. Gämsen und Steinböcke sagen sich hier oben Gute Nacht und lassen sich aus sicherer Distanz beobachten. Sicher für sie. Ich trinke nur noch wenig, Wasser wird knapp. Keine Bäche auf Bergrücken. Überraschung!

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Jede Wanderung ist ein Stück Weg zu sich selbst, oder so. Das klingt viel pathetischer als es zumeist ist. Wenn die Umstände passen, stimmt es aber. So lasse ich mich zurückfallen und bleib mit mir allein, in Wolken wandernd, singend, sinnierend. Ich bastle an Stefan Schwab – Hochschwab-Wortwitzen, vergeblich. An einer Kante genießen wir den Ausblick. Kein Zivilisationslärm. Gleich nachdem ich das gebrabbelt hab, ist es auch wahr: Stille, Windgeräusch, Weite. Wie so eine Waage, die von Zeit zu Zeit geeicht werden muss, erlebe ich den Moment. Wo ist Wasser?

Wir müssen ein massives Schneefeld queren. Gibt’s da eigentlich Lawinen?, will Christian wissen. I glaub ned, mehr Zuversicht gelingt mir nicht. Der Schnee ist matschig, die Schuhe nass, bald auch die Socken. Erste Zweifel ob der Machbarkeit formieren sich aus fehlender Courage. Die sprechen wir uns gegenseitig zu, der Zeitplan steht noch. Das Gipfelkreuz auch, aber halt nicht in Sichtweite. Gegenseitige Aufmunterungen. Wir müssen da rauf. Sind wir erst mal beim Schiestlhaus, schaut die Sache schon anders aus. Es befindet sich ca eine halbe Stunde unterhalb des Gipfels. Bitterer Geschmack im Mund, Wasser aus.

Ich kann keine Schneefelder mehr sehen, ich will keine Schneefelder mehr sehen, ich hab Höhenangst und keinen Bock so knapp vor dem Ziel aufzugeben. Dann endlich das Schiestlhaus. Geschlossen. Also die letzten Höhenmeter ohne Erfrischung. Ich habe Durst. Ich will nicht mehr, die Schritte werden kleiner, der Weg verkommt zum Geröllfeld, ich zieh mir die Serpentinen selbst. Charakterbildung.

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Oben. Endlich. Bezwungen. Mich, den Berg. Gemeinsam. Christian sucht einen Cache. Alles rundherum ist unter mir, ich such einen Stein, der mit runter muss. Als würde ich mich nicht auch so erinnern können.

Beim Abstieg fülle ich meine Flasche an einem Bächlein auf, der bittere Geschmack löst sich auf, herrlich! Der Weg hinunter ist mäßig lustig. So viel Schnee und Geröll. Die Voisthaler Hütte erreichen wir erschöpft am Nachmittag. Christian sucht einen Cache. Der restliche Weg zurück zum Auto ist geprägt von einem Gefühl der Erleichterung, sich ausbreitendem Sonnenbrand und Tratschereien über zwiderne Twitteranten.

Die absoliverte Runde ist bestens geeignet ist für eine zwei-Tages-Tour. Sagt der Reiseführer. Wir drei haben das vor der Tour gelesen, überlesen und es erst nach dem kräfteraubenden Tschoch realisiert. Geblieben ist eine tiefe Erinnerung an eine wunderbare Runde mit zwei wunderbaren Freunden. Gemeinsames Schweigen ist eine Kunst, die nicht jedem gelingt. Boys, you are great! Das kommt erst recht in den Blog.

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2 Gedanken zu „Hochschwab. Kein Witz.“

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