Jetzt kenn ich sie auch, die Frau Sargnagel

Spätestens beim Schwadronieren über Jugendsubkultur begibt man sich auf das dünne Eis der Spießigkeit. Gestern hat mir mein landesweiter Lieblingsregionalsender eine Künstlerin ins Wohnzimmer gepült  (zwei mal!), deren Name ich noch nie gehört hatte: Frau Steffi Sargnagel (sie hat einen Vornamen, ich hab ich leider nicht behalten. Mea culpa). (danke Richard)

Sie hat ihr Buch präsentiert. Präziser gesagt hat sich ein Verlag gefunden, der ihre Facebookpostings zu einem Buch bindet. Sie selbst erschien mir wie eine aufgeregte junge Dame, die die Lässigkeit ihrer Kunstfigur als Schutz verwendete. Nachvollziehbar, Willkommen Österreich Moderatoren treiben ihre Gäste schon mal vor sich her, wenn sie sich nicht gebührlich wehren oder einfach nur Arschlöcher sind. Ist Frau Sargnagel nicht. Vielmehr erscheint sie mir als Botschafterin aus dem Museumsquartier, als Sprachrohr einer Subkultur. Vielleicht ein Prototyp dessen, was ich mir unter Bobos vorstelle.

Ein verlesenes Zitat war (sinngemäß): Bei Penny gekaufte Kirschen ungewaschen essen ist wie innerliches Ritzen. Sprachlich gesehen mag ich es. Dennoch kommt es sehr blasiert daher.  Der Subtext, beim Diskounter würde sich eine wirtschaftlich schlecht gestellte Käuferschicht aufhalten, die zudem auch noch überdimensional mit Krankheitskeimen kontaminiert sei, ist nicht schön. Sich darüber lustig machen kann gelingen. Wenn nicht, ist es halt Satire. Ich hätt es halt eher so formuliert: “Eure Armut kotzt mich an. Und Teufel nochmal,  Angst macht sie mir auch”  Aber vielleicht ist das auch nur das leise Knirschen der Eisdecke.

4 Gedanken zu „Jetzt kenn ich sie auch, die Frau Sargnagel“

  1. ich weiß nicht, ob du da nicht zu viel reininterpretierst. steffi sargnagel blickt auf “die unterschicht” nicht mit dem klassischen bobo-blick, weil sie trotz besserer bildung da doch dazugehört. das mag leuten, die mit ihrem oeuvre ned vertraut sind komisch vorkommen, aber sie ist eben callcenterarbeiterin (und war finanziell die meiste zeit darauf angewiesen), kommt aus einer arbeiterfamilie, etc. wenn sie in der zitierten zeile zum penny geht und kirschen kauft macht sie das ned ironisch 😉

    owa jo. sargnagel is not everyone’s cup of tea. muss sie ja auch ned.

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    • Das wirft dann ein anderes Licht auf sie. Kenne nur die zwei gestern ausgestrahlen Beiträge über sie, mein Bild ist daher höchst fehlerbehaftet. Mein Eindruck war ein gänzlich anderer. Ich werde die junge Dame im Auge behalten um mein Bild zurechtzurücken.

      Die Auseinandersetzung mit diesem “cup of tea” ist allemal interessant 🙂

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