Jooo mir san min Radl do.

Nach einem Gedankenaustausch zum Thema Talent hab ich in meinem Inventar gekramt: hab ich ein Talent? Handwerk fällt aus, Fußball hab ich jahrelang versucht, heute verdiene ich mein Einkommen sitzend. Einzig das Vermögen durchzuhalten könnte würd ich als herausragend kennzeichnen. Warum ich das glaube? Darum:

Vor etwa fünfzehn Jahren kam ich über Umwege an ein gebrauchtest Rennrad. Genauer gesagt an ein Basso Coral, der Italiener unter den Puchradeln. Ich war für den alten Stahlrahmen zu schwer, im Wiegetritt hat er sich verwunden wie eine Eiche im Sturm. Nichts desto trotz beschloss ich an einem Donnerstag Abend  am Freitag Nachmittag von Wien nach Krems zu fahren um meine Mutter zu besuchen. Was konnte schon großartig schief gehen? Was war ich doch naiv.
Die Strecke kannte ich da ich jahrelang mit der Franz-Josefs-Bahn von Krems nach Wien pendelte, also einfach der Donau entlang. Alles easy.

Ausrüstung? Einen Schlauch hab ich eingepackt. Mantelheber? Geht bestimmt auch so. Beim Proviant war ich ähnlich vorsorglich: ich hatte nichts mit. Auf dem Weg würden sich schon Gelegenheiten bieten um Getränke zu kaufen, wozu also schleppen? Es war August. Sonstige Ausrüstung: keine. Radlerhose? Handschuhe? Helm? Geh bitte.

Freitag Mittag schwinge ich mich auf’s Rad und radle den Ring entlang, Donaukanal. Heiß ist es schon und sollte es auch bleiben. Ich sag’s gleich: ich fand keine einzige Möglichkeit am Weg mich mit Getränken einzudecken. Ich hab mich hoffnungslos verfahren, bin mit dem Rennrad auf Feld- und Schotterwegen herumgeirrt. Bis heute kann ich nur lückenhaft nachvollziehen, welchen Weg ich genau gefahren bin.

Natürlich hab ich mir im Wald einen Patschen eingefangen. Selbstverständlich hab ich versucht den zu flicken. Und nein, ohne Mantelheber geht da gar nix. So hab ich ein paar mal nachgepumpt und bin so weitergefahren. Bis ich auch hinten einen Patschen hatte, dann war’s mir wurscht. Die letzten vier Kilometer bin ich sprichwörtlich auf der Felge (eigentlich auf zwei) ins Ziel gefahren.

Ich muss fürchterlich ausgehen haben, als ich dort ankam. Meine Mutter war regelrecht geschockt. Die zwei Liter Wasser, die ich in mich hineingeschüttet hab, waren die graußlichsten, die ich jemals getrunken hab, den ekelhaft metallischen Geschmack werde ich nie vergessen. So schmeckt Dehydrierung. Der Rest des Körpers war ähnlich desolat: Testikel und die kleinen Finger waren tagelang taub, Oberarme und Gesicht von der Sonne verbrannt und sitzen war eine Qual. Meine Grenzen kenn ich.

Jederzeit hätte ich meinen schwachsinnigen Versuch mit einem Telefonanruf beenden können. Oder auch nicht. Was auch immer mich geritten hat, aufgeben war kein Thema. Und wenn man so will, dann ist das mein Talent.

Nächste Woche gehe ich übrigens von Wien nach Mariazell. Wandern war ich seit Ewigkeiten nicht mehr, schon gar nicht tagelang. Aber: was kann schon schiefgehen?

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.