Madonna missverstanden

Ja, wenn man versucht den aktuellen Auftritt von Madonna in die Schablonen eines Konzerts im herkömmlichen Sinn zu pressen, dann war es schlicht und ergreifend schlecht. Weil Themenverfehlung. Ich hatte einen entscheidenden Vorteil: Offenheit, weil es mir wurscht war.

Nach dem desaströsen 2008er-Konzert auf der Donauinsel ist es ein leichtes mit Häme und Spott auch das aktuelle medial zu zertrümmern. Die Unkenrufe zum schleppenden Vorverkauf als Rückenwind scheinen Rechtfertigung genug. Viele Redakteure versuchten daraus Kapital zu schlagen und vernichtend zu kritisieren. Zu unrecht.

Gleich vorweg: ich muss mir das Konzert nicht schönreden, weil ich viel Geld dafür bezahlt hätte. Ich wurde beschenkt. Im Nachhinein gesehen: Ich würde die 100 Euronen dafür gerne bezahlen.

Körperkult und Jugendwahn

Madonna ist eine Popikone. Man kann es drehen und wenden wie man will. Man muss dazu auch ihre Musik nicht mögen. Dass sie einem ganzen Genre über Jahre hinweg ihren Stempel aufgedrückt hat, muss man neidloss anerkennen. Meine Berührungspunkte waren und sind “Ray of light” und “Music”. Zwei hervorragende Alben. Die aktuelleren verlieren sich in Mittelprächtigkeit.

Es war kein Konzert.  Klassische Elemente wie Instrumente und Zugaben und Mitheulen haben größtenteils gefehlt. Es war vielmehr eine Show. Eine bombastische Show. Mit vielen Stärken aber auch mit Schwächen. 2 Stunden durchchoreografiert. Auf den Fingerzeig genau. Aufwändig. Laut. Impulsiv. Politisch platt.

Fliegende Trommler, Übergroße Videowalls, harsche Soundeffekte und noch mehr Getöns haben mich beeindruckt. Geflasht. Mir ist wohl der Mund offen gestanden.

Dass aus beinahe jedem Song eine Konzertversion gestrickt wurde, rechne ich ihr hoch an. Wie langweilig sind Auftritte, in denen Albumversionen runtergesungen werden?

Auch auf Gassenhauer hat sie großteils verzichtet. Wohl aus einem Selbstverständnis heraus. Madonna muss das nicht. Oder so. Musste sie nicht.

Retortengesang? Ja!

Man wirft ihr vor nicht live gesungen zu haben. Was falsch ist. Genauer: der Vorwurf ist absurd. In den Passagen, in denen sie herumgehampelt ist, ließ sie sich aus der Konserve helfen. Zurecht. Ich hätte das Gekeuche nicht hören wollen. Als sie allein mit dem Mikro auf der Bühne war hat sie live gesungen. Und das nicht schlecht. Dass es nicht die Stimme alleine ist, die einen Künstler ausmacht, weiß ich seit Grönemeyer.

Fazit

Eine zweistündige Show, die ihresgleichen sucht. Und das in ungewohnten Rahmenbedingungen. Wenn man ihr das ankreiden will, kann man das natürlich. Ausser Selbstinszenierung erreicht der Autor damit freilich wenig.
Wenn Madonna ihrem Ego beweisen wollte, dass sie immer noch da ist und auch zwischen gestählten Jungspunden nicht alt aussieht, dann ist ihr das wohl gelungen. Ob’s im Auge des Betrachters auch so ankam? In meinem schon. Wohl, weil ich erwartungsfrei war.

Angenommen, ein absoluter Newcomer hätte eine solche Show abgeliefert, er wäre wohl als Shootingstar gefeiert worden. Nur so als Denkanstoß.

PS: Die Buhrufe, die aus Ungeduld entstanden waren, sind dem Drecksblatt Österreich geschuldet. In einer verteilten Sonderauflage informierten sie über einen Konzertbeginn um 21:00 Uhr. Tatsache ist aber, dass jedes(!) Konzert ihrer Tour um 22:00 Uhr beginn. So auch in Wien.

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