Momente des Glücks: das alte, gelbe Auto

Die Momente des Glücks haben mannigfaltige Ausprägungen. Manche sind gelb, aus Blech und haben 4 Reifen.

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Als ich an dem geparkten Ford Taunus vorbeispaziere sehe ich seinen Besitzer aus dem Augenwinkel. Ein  alter, kleiner Mann mit Schneeschaufel in der Hand. Ein Lächeln huscht mir übers Gesicht beim Anblick des Autos. Schwarze Taferl, wahrscheinlich Oldtimer. Und sein Herrchen schaufelt es vom Schnee frei. Schön das. “Da kannst schon lachen!”, ruft er mir nach. Ich verneine seinen Vorwurf. Nicht lachen, lächeln würde ich, aus Bewunderung für solch eine Liebe zu seinem Wegbegleiter. Ein Gespräch entwickelt sich. Er erzählt mir vom Alter, seines (88) und das vom Taunus (38). Fahren würde er ihn nicht mehr, das könne er sich nicht leisten. Körperlich zutrauen würd ich es ihm. Er erzählt aus einer mir fremden Welt: seiner Zeit im Jugendheim, der Tischlerlehre, seinem Hunger und dem Krieg. Gänsehautgarantie wenn mir betroffene vom Krieg erzählt. Schlagartig nah und greifbar. Er war in Russland, Infanterie.

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Nach einer halben Stunde wird er müde, seine Gedanken sprunghafter. Ich musste ohnehin weiter. Wollte noch ein paar Kilometer zu Fuß nach Hause gehen und das Licht wurde knapp. Er schüttelt mir die Hand, mit der anderen greift er nach meinem Oberarm, hält mich fest. “Sie trainieren wohl für die Infanterie?”, strahlt er mich an. Er meinte das ernst, ich verstand es als Spaß. Zwei Welten. Er hält mich  noch immer fest, sieht mir direkt in die Augen: “Danke. Für’s Zuhören. Das macht fast niemand mehr. Ich komm mir dann so überflüssig vor”. Jetzt sind wir in der gleichen Welt. Im kurzen Moment des Glücks.

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