Tanz, Herbert, tanz!

“Sind die Texte des Albums denn autobiographisch?” Eine der hohlsten Fragen, die man einem Künstler stellen kann. Vor allem dann, wenn eine Stunde der Vorbereitung in das Durchhören des Albums Dauernd Jetzt die Peinlichkeit ersparen könnte. Frau Stöckl hat dies offensichtlich versäumt und sich obendrein mit der verneinenden Antwort zufrieden gegeben, dass die Texte ein aufpoliertes Silmittel seien. Die Rutsche ignorierend will sie dann wissen, ob die neue Frau an Grönemeyers Seite in der Öffentlichkeit stünde.

Dauernd Jetzt
Dauernd Jetzt

Es sind zumindest zwei Nummern (Roter Mond, Neuer Tag), die offensichtlich auf den Verlust seiner Frau Anna referenzieren. Auch die neue Liebe wird inhaltlich explizit (sogar in der der Singleauskopplung Morgen) besungen. Oder der Weltmeistertitel des Deutschen Nationalteams. Und das ist nur eine oberflächliche Suche nach autobiographischen Zügen.

Bei näherer Betrachtung hätte man auch erkennen können, dass Dauernd jetzt einen Richtungswechsel nach Mensch, 12 und Schiffsverkehr markiert. Er trägt das Album mit lang vermisster Souveränität vor, setzt seine Schritte (nicht die Töne 🙂 ) zielsicher. Endlich, endlich braucht er kein Orchester mehr, das ihn stützt. Keine fulminant theatralische Überschwänglichkeiten. Da und dort ein Streicher, mehr nicht. Der Text macht wieder die Musik.

Am authentischsten waren immer schon die Lieder, in denen er sich nur mit einem Klavier die Bühne teilt. Auf Dauernd jetzt ist das nicht anders. Die Nummern Roter Mond, Unter Tage, Feuerlicht, Pilot und Neuer Tag schöpfen ihre unwiderstehliche Kraft aus einer Reduziertheit. Dass ihm dann und wann ein gejuchtztes sing it! auskommt macht letztendlich klar:

Er tanzt wieder. Und das ist groß.

Update 27.11.2014

Der Falter hat ein lesenswertes Interview mit Grönemeyer geführt. London, Deutschland, tanzen, …

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