Was weiß der Reiter vom Gehen? – Siegfried Höllrigl weiß einiges davon. Und davon zu berichten.

Siegfried  Höllrigls ging von Basel nach Istanbul. Zu Fuß. Den Grund dafür nennt oder nannte er in seinem Reisebericht nicht näher. Er habe es sich “in den Kopf gesetzt”. Anscheinend gehen um des Gehens willen. Das drückt für mich auch der Titel aus: “Was weiß der Reiter vom Gehen”. Etwas flappsig. Doch genau das ließ mich zum Hardcover greifen. Der Mann weiß, wovon er spricht bzw. schreibt. Er hatte vor 20 Jahren den Plan gefasst zum Bosporus zu gehen. Von Basel.  Zwischenzeitlich musste er -durch eine Fehlplanung bedingt- eine mehrjährige Pause einlegen. Die zweite -und größere Etappe- von Italien nach Istanbul hat er besser organisiert, durchgeführt und aufgeschrieben.

Meran, Lubljana, Sarajewo, Gorazde, Sofia nach Istanbul

Es fällt mir immer noch nicht leicht mir selbst zu erklären, warum ich das Buch immer wieder aus der Tasche hervorgezogen hab um die Reise ein Stück weiter zu begleiten. Zum einen ist es die Vorliebe für Roadmovies. Denn das ist das Werk in einer bestimmten Weise. Doch das allein macht es nicht aus. Reiseberichte gibt es nur allzu viele. Die wenigsten davon haben mich mitgenommen.

Stilprobe

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Mutig

Was macht einen Reisebericht zu einem interessanten Reisebericht? Die Selektion. Welche der tagelangen Erlebnissen hält der Reisende für erzählenswert? Höllrigl versteht es, den roten Faden so zu legen, dass der Leser das Rundherum dazumalen kann. Muss eigentlich. Viele Situationen sind runtergekocht auf ein Minimum. Die Zeit wird gestreckt und gestaucht wann auch immer er es für nötig hält. Damit wird die Geschichte recht flott und fluffig. Er kommt sehr genau auf den Punkt. Was macht eine Region aus? Wie ticken Menschen in Triest, wie in Istanbul? Neues Land, schon ein paar Wortfetzten gelernt und sich auf die Einheimischen eingelassen. Mutig!

Auch das  hat mich das Buch immer wieder zur Hand nehmen lassen: Höllrigls Mut. Nächtelang über osteuropäische Bergrücken und Täler zu wandern ist nicht jedermanns Sache. Meine zumindest nicht. Zu sehr Angsthase. Ihm aber war es zumeist egal. Wenn auch Einheimische ihm zumeist davon abgeraten haben. Soviel sei verraten: angekommen ist er unversehrt.

Fazit

Wer auf der Suche nach einem außergewöhnlichem Reisebericht ist, dem sei das Werk empfohlen. Für ein Drehbuch eines Actionskrachers wird es wohl nie verwendet werden. Zu einfühlsam ist die Geschichte. Zu detailverliebt.

Ich bin nach wie vor der Reiter, der vom Gehen nicht viel weiß, aber ja, wenig hab ich doch das Gefühl auch dabei gewesen zu sein.

Autor

Siegfried Höllrigl, geb. 1943 in Meran, lebt in Meran.

Bibliographie

Siegfried Höllrigl, Was weiß der Reiter vom Gehen. Zu Fuß an den Bosporus. Reisezeichnungen. Mit einem Nachwort von Ilma Rakusa.
Innsbruck: Edition Laurin by university press 2011. 240 Seiten. EUR 19,90. ISBN 978-3-902811-19-6.

*Ich hätte ja gerne zitiert, weil es den für mich besonderen Stil des Autors gut widerspiegelt. Um anschaulich zu  machen, was ACTA für Blogger bedeuten könnte, hab ich mich selbst zensiert, bevor der Verlag es tun könnte. Und mich dabei mit Geldstrafen zu belegen. Theoretisch. Praktischerweise stellt der Verlag eine Leseprobe zur Verfügung.

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