FC St. Pauli vs 1. FC Nürnberg oder: par pari referre

Am Millerntor. Oft gehört, noch nie erreicht. Vom Mythos St. Pauli erzählt man sich sogar noch im entfernten Niederösterreich. Von politisch linksorientieren, enthusiastischen Fans wird berichtet, die Vollbart und Bier mit dem Rennrad ans Millerntor fahren. Der Mörtel zwischen den Klinkersteinen ist Basisdemokratie, ein wahrer Mitgliederverein. Gesungen wird immer, man steht zu seinem Verein und zwar immer. Soweit meine Vorurteile.

Dass mein -kurz vor Abreise glücklich ergatterter- Sitzplatz in Leder gehalten ist, ist mir dann fast ein wenig peinlich. Andererseits musste ich so richtig dafür löhnen. Auch in Hamburg kostet Fußball Geld.

Der FC St. Pauli empfängt den 1. FC Nürnberg. Die Kiezkicker sitzen im tabellarischen Keller fest, stehen einen Tag vor der Beurlaubung ihres Sportlichen Leiters, Verletzungspech auch, Brandrede eines wütenden Trainers noch im Gewissen. Die Fans sehen das mit Gelassenheit oder als Herausforderung. Der Kapitän begrüßt den Capo per Handschlag.

Die Gastgeber spielen ein Vereinslied der Gäste über die Stadionlautsprecher. Das Lied endet, die Gäste brüllen “Scheiß St. Pauli” und boxen in Rudel und Rhythmus den Himmel. St. Pauli klatscht. Ich verstehe Bahnhof. Der Gästeblock verstummt.

Anpfiff. Ein flottes Spiel, St. Pauli geht bald in Führung und busselt im Kollektiv seinen Trainer. Ich glaub, die mögen den. So richtig. Ein paar Minuten später der Ausgleich durch Burgstaller. Dann Verletzungspech bei St. Pauli und dann nix mehr bis zum Abpfiff.

Von den Tribünen ist beidseitig während des ganzen Spiels viel zu hören. Immer wieder “Scheiß St. Pauli”-Gejohle aus dem Gästeblock. Die Antwort stets: Klatschen. Das Gejohle verstummt in Irritaion. Langsam verstehe ich.

Das Spiel ist zu Ende, die Kurve feiert den Punkt wie einen Sieg. Erleichterung und Euphorie greifen Raum, sind spürbar. Wow. Gänsehaut. Ich mag die Stimmung. Ich mag, wie sich dich Kiezkicker bis zum Umfallen aufopfern, wie der Block Gleiches mit Gleichem zurückzahlt. Eine schöne Harmonie, die kein Aufgeben kennt. Gegenseitiges Stützen auch im Keller.

Schön war’s. Sehr schön. Ein bisschen etwas vom Mythos St. Pauli hab ich verstanden, lang noch nicht alles. Wenn ich wieder in der Nähe bin, bin ich dabei. Muss ja nicht Leder sein.

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