Lasst mir doch die Raucher in Ruh

Update: man (@nfbmuc) sagt mir, ich solle doch vorausschicken, dass ich Nichtraucher sei. Wegen der Glaubwürdigkeit. So und jetzt los im Text:

Was hat man nicht alles versucht um den Rauchern ihre Glimmstengel madig zu machen: Krasse Einschränkung von Werbemöglichkeiten, Nichtraucherschutz, Stigmatisierung, usw. Manche Versuche halte ich für sinnvoll, andere weniger. Doch darum geht es gar nicht. Vielmehr stören mich die Pläne für den nächsten Vorstoß: grausige Bilder auf den Zigarettenschachteln: 75 % der Schachteln sollen mit abstoßenden Bildern bedruckt werden. Zerfressene Lungenflügel, amputierte Raucherbeine, vergammelte Zähne; die Vorschläge werden demnächst präsentiert.

Das geht zu weit. Eindeutig zu weit! Mittlerweile mach ich mir dann Sorgen, ob Mausezahn eine solche Schachtel in die Finger kriegt. Nicht, weil ich befürchte, sie könnte den Inhalt zamrauchen, vielmehr wüsste ich nur schwer, wie sie die grausigen Bilder aus ihrem kindlichen Kopf kriegen sollte.

Zugegeben, das ist konstruiert. Womit ich zunehmend wirklich nicht mehr kann ist die Bevormundung und Stigmatisierung einer willkürlich herausgepickten Gruppe. Es soll doch jeder das Recht haben, selbst zu wählen, wie er sich um die Ecke bringt. Oder auch nicht. Ich kenne die Statistik nicht, aber soweit ich glaube, stirbt nicht jeder Raucher an seiner Sucht. Warum also dieser seit Jahren andauernde Feldzug? Erst ein kleiner Hinweis, dass das Rauchen schädlich sein könnte, mittlerweile muss man grausige Bilder runterwürgen. Weil, Angst machen diese wohl den meisten Rauchern. Deswegen aufhören tun die wenigsten.

what’s next?

Zugefettete Herzkranzgefäße auf Schweinefleich? Offene Beinbrüche auf Mountainbikes? Eine kaputte Leber auf der Rotweinflasche? Entzündete Bauchspeicheldrüsen auf Zotterschoko? Reine Willkür.

Ich finde Zigarette rauchen nicht erstrebenswert. Ich will auch nicht davon belästigt werden. Aber ich will in einer Gesellschaft leben, in der jeder selber frei (!) entscheiden können soll, ob er rauchen will oder eben nicht.

4 Gedanken zu „Lasst mir doch die Raucher in Ruh“

  1. Ich erinner mich an eine Geschichte in meiner damaligen Firma vor knapp 15 Jahren. Kleine Firma (10-15 Menschen), Büro im ersten Bezirk, tw. war das eigentlich eine Altbauwohnung mit zentralem Vorraum und darum herum Zimmer in den 3-4 Personen saßen. Rauchen am Schreibtisch war eine Selbstverständlichkeit. Auch dann, wenn man der einzige (von bis zu 4 Menschen im Zimmer) war. Irgendwann Ende der 1990er verfügten die Cheffitäten, dass ab sofort Rauchverbot herrsche – mit Ausnahme des Vorraumes. Brillante Idee, das war der einzige Raum, wo jeder durch musste.

    Der besondere Gag aber war, dass einer der Cheffitäten, der zumeist nur am Freitag wegen eines Gesamtfirma-Jourfixes da war, im Besprechungszimmer, im (zwangsweisen) Beiseins (eben wegen dieses JF) aller Mitarbeiter rauchte. “Rauchverbot güt fia mi net, i rauch wo i wü”. Sagte der, der die Dienstanweisung mit dem Rauchverbot mitunterschrieben hatte (wimri), Und das lebte er so vor. Wenn er wollte, rauchte. Wo er wollte rauchte er. Auch in Liften!

    Was ich damit sagen will. Der Schlüsselsatz von Dir ist “ich will auch nicht belästigt werden”. Jahr(zehnt)elang hat es die Raucher (auch ich gehörte dazu, und bin weit davon entfernt zu behaupten, dass ich nicht wieder rückfällig werde) aber überhaupt nicht interessiert, ob jemand anderes belästigt wird. “Wauns die stert, gehts hoit ausse”.

    Keine Rücksicht.

    Und nun bekommen die Nichtraucher, gestützt durch div. Untersuchungen, Studien, etc. über Gesundheitsgefährung, Mitrauchen, usw. die Oberhand. Und es kümmert sie auch nicht, ob es die Raucher belästigt/stört.

    Ist nicht fair, und gerecht, aber für mich verständlich und nachvollziehbar. Das Pendel schlägt in die andere Richtung aus.

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    • Ich bin nicht ganz sicher, ob ich deine Conclusio richtig versteh. Ich versuch mal, es zu interpretieren: du bist der Meinung, dass es ok ist, wenn sich die Nichtraucher jetzt zur Wehr setzen?
      Da gehen wir absolut kongruent.
      Ich seh das Nichtraucherschutzgsetz und die übrigen Maßnahmen zum Vergrämen als 2 verschiedene Themen. Bei ersterem geht es um die, die keinen/wenig Einfluss darauf haben, ob sie mitrauchen oder nicht.

      Ich kritisiere, das Vorgehen gegen die (Aktiv)Raucher selbst. Die ganzen Warnhinweise, die jetzt schon sehr hysterische Züge kriegen. Es wurde politisch inkorrekt zu rauchen. Du kannst mit einer Tschick im Mund problemlos angefeindet werden. Diesen Zustand prangere ich an. Weil ich dabei das Rauchen für austauschbar halte. Andere Bereiche wurden ja auch schon andiskutiert (Fettsteuer). Bedenklich halt. Wie siehst du das?

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  2. Na, ich meinte eher, dass ich verstehe, warum übers Ziel geschossen wird. Stell Dir vor man steigt dir auf die Zehen. Am Anfang glaubst an ein Versehen. Dann passierts täglich. Du bittest den anderen damit aufzuhören. Das tut es nicht. Deine Bitten werden eindringlicher, werden Aufforderungen. Aber es hört nicht auf. Irgendwann (bei Dir sehr viel später, bei anderen deutlicher früher) kommen andere Reaktionen. Und die Reaktionen werden Überreaktionen (bzw. können solche werden). Wie ein Tomas Jun, der in der Emotion, nach dem xten Foul, dem Gegner ein Watschn gibt. Falsches Verhalten, in dem Fall zu bestrafendes Verhalten, aber doch irgendwie emotionell nachvollziehbar.

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