Halt dich kurz

Halt dich kurz! So der Imperativ, der damals zu sozialem Verhalten als Teilnehmer eines Vierteltelefones mahnte, weil Ressourcen eng waren und was, wenn der Nachbar “dringend die Rettung rufen” musste? Das war früher, heute wird geschwurbelt, was das Zeug hält. Zum Beispiel im Netz, weil Bits und Bytes eine beliebig nachwachsende Ressource zu sein scheinen.

Das mag realistisch gesehen so sein, meine Aufmerksamkeit als Leser ist aber enden wollend. Mit der geht nicht jeder sehr sorgsam um: ich stolpere  immer wieder über Blogposts, die von den Online-Abteilungen der Tageszeitungen unterhalten werden. Heute eine Analyse “Mariahilfer Straße: Siegt die Politik des Scheins?“. Ich bin so frei (keine Wortspiele!) und fasse zusammen: Fußgängerzone wäre super (sagen auch die Nachbarn), im 6. und 7. Hieb wohnen die geilsten und klügsten (sagt er selber), die Wiener Grünen haben versagt, Haider hätte das besser gekonnt und die Demokratie steht auf des Messers Schneide. Das war jetzt verkürzt und wenn ich mich bemüh (hooooruck) krieg ich das sogar in einen Tweet: “Wr. Grüne versemmeln hoppertatschert Mahü Fuzo? Srsly? Demokratie anyone? anyone?! #wtf”

Ich halte die Analyse für trivial und von einer Deadline getrieben. Dass derlei Blogposts regelmäßig unter dem Schirm von Tageszeitungen auftauchen ist für mich ärgerlich, weil sie Aufmerksamkeit stehlen, die sie meist nicht verdienen. Meine Erwartungshaltung orientiert sich an fundierten Gedankengängen und klugen Schlüssen. Immer öfter wird diese enttäuscht. Warum sie trotzdem erscheinen? Because it’s there ist die vermutete Begründung einer klugen Twitterantin. Sie hat wohl recht. Dafür, dass ich als Leser mit Werbebannern und -trackern bezahlen muss, ist mir die Lektüre solcher Beiträge nicht mehr wichtig genug.

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