Vinyl, da dreht es!

Es dreht sich wieder etwas. Der Plattenteller. Richtig gehört: Platte. Schallplatte. Auch lange Jahre als Langspielplatte bekannt.  Das Ding, das rauscht und kratzt (bei sorgloser Behandlung), das nach der  Halbzeit händisch gedreht werden muss. Das ich nicht per Fernbedienung zum nächsten Track Lied skippen kann. Es ist dem Plattenspieler schlicht unbekannt. Auch mit Phonotechnik musste ich mich vor dem Installieren beschäftigen: Ist ein Vorverstärker eingebaut? Hat der Verstärker einen Phonoeingang? Wer entzerrt? MC/MM? Häh? Na egal. Jetzt läuft er.

Er

Er, das Überbleibsel aus dem vorigen Jahrhundert. Die Audiotechnik, die in Zeiten von iPhone, Spotify und MP3 nur allzu gern verlacht wird. Er, der Denon DP-29F, ist ein Geschenk von einem lieben Freund. Dort, wo er jetzt ist, hört er hoffentlich kleine Fabelwesen singen und kann den Plattenspieler nicht brauchen. Er hat ihn mir vor seiner Abreise vermacht. Ob es dort wohl auch sowas wie Schnaggerl gibt. Ich wünsch es mir.

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Doch wieder zurück: Aus nostalgischen Gründen hab ich das Vermächtnis aus dem Keller geholt. Entstaubt noch nicht. Meine Frau hasst mich dafür. Nicht wirklich, aber ein wenig. Erst wenn er fix dort stehenbleibt putz ich ihn. Probier ja nur ein wenig aus.

Also: Er ist verstaubt und mit allerlei Nachteiligkeiten behaftet. Sobald die Nadel über das schwarze Gold gleitet wird mir warm ums Herz! Das Rauschen, das Knacken sind direkte Verbindungen in frühere Zeiten, als ich Märchenplatten auf meinem orangenen Kofferplattenspieler gehört hab. Stund-den-lang. Nostalgie quadriert.

Gehört gehört

Das allein ist es aber nicht. Ich würd dir jetzt gern was vorjubeln. Von Klängen, die völlig entspannt daherkommen. Die sich ungestresst aus den Lautsprechern schmiegen und mein Gehör und mein Herz bezirzen. Dass die Seele frohlockt, wenn der Boléro crescendohaft daherkommt und die Jäger am Ufer der Moldau noch imposanter jagen als sie das je auf meiner CD-Version taten. Nein, das alles erzähl ich nicht. Weil es ja zum einen sehr subjektiv ist und zum anderen verklärt wirken könnte. Musik wird zu subjektiv befunden um sie objektiven Kriterien  unterwerfen zu können.

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Manuelles Musikhören

Die Haptik, das Album, das Cover. Es braucht Handarbeit bis man sich in die Couch sinken lassen kann um Musik zu genießen. Der Musikträger will sorgsam gepflegt werden. Der Riemen des Antriebs will neu gelegt, die Nadel getauscht und die Platte gewaschen und gebürstet werden. All das unterscheidet sich vom aktuellen Habitus Musik zu hören. Nicht, dass es besser wäre. Darum geht es nicht. Es ist anders. Es erfordert eine gewisse Hingabe. Musik hören kann auf diese Weise zelebriert werden. Der Lohn ist unvergleichlich.

Damit das Rauschen und Kratzen ein Ende findet -denn es liegt ausschließlich an der Misshandlung der gebrauchten LPs-  hab ich neues schwarzes Gold geordert. Es scheint, als wär es Zeit für’s Putztuch..

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