Noch einmal: ORF, quo vadis?

Nicht alles wird schlechter im TV. Das Angebot steigt stetig. Kanäle noch und nöcher. Im Wochenrhythmus meldet meine Fernseher: Mehr Kanäle! Gute und sehenswerte Inhalte sind vorhanden. Man muss sie allerdings suchen. Eine Anstrengung, die vom mündigen TV-Konsument verlangt wird. Zurecht zumutbar.

Die Möglichkeit der Wahl ist Gold wert. Ein Sender liefert beliebigen Trash? Switchen. Fertig. Soweit ok. Für mich aber nicht. Zumindest nicht beim Haus- und Hofsender ORF.  Ich bin überzeugt vom Modell des staatlichen Rundfunks. (Zwangs)geförderte Inhalte, die sachlich recherchiert, gerne auch trocken serviert werden. Der Blick auf die Quote muss nicht sein, da ohnehin gefördert und bezahlt. Wie gesagt: zwanghaft. Jeder Bürger, der im Laufe seines Tagesablaufes über ein Gerät stolpern könnte, das unter Umständen ORF-Bilder ausstrahlen könnte, muss zahlen. Sei es auch noch so eventuell.

Ich erwarte von “meinem” Staatsfunk, dass ich mich auf ihn verlassen kann. Dass Informationen, die er ausstrahlt stimmen und richtig sind. Naiv. Ich erwarte keine bunten Sendungen. Keine Promihofierungen. Keine billige Unterhaltung. Dafür gibt es bereits genügend Angebote. Ich erwarte Unabhängigkeit und Freiheit von Verbindlichkeiten.

Doch das ist eine naive Vorstellung, die sich mit keiner Realität mehr vereinbaren lässt. Einerseits haben Politik und andererseits potente Sponsoren die Programmgestaltung fest in ihrer Hand. Beispiele? Gern! Ich lass einfach meine gemeinsamen Erinnerungen mit der Flimmerkiste Revue passieren und picke dabei die Themen Kinderprogramm, Infodienst und Werbung heraus:

die lieben Kinder

Früheste Erinnerungen: AmDamDes. Edith Rolles und IngridRiegler haben sich herzlich bastelnd und singend um uns kleine Gschroppn gekümmert. Werbung? Fehlanzeige! Wer erinnert sich nicht an die gelbe Tube ‘Kleber’ mit dem dicken schwarzen Klebestreifen darauf.  Ich hab mich immer gefragt: Warum sagt die nicht Uhu dazu, wenn Uhu drin ist?  Tixo war Klebestreifen. Heute weiß ich: aus Prinzip. Tunlichst darauf bedacht keine Schleichwerbung  zu platzieren. Weil verboten. Heute gibt es eine eigenes Symbol, das während des Programms eingeblendet wird: “Schleichwerbung included”. Von Werbeblöcken zwischen den Sendungen im ORF wollte sowieso niemand etwas wissen. Heute ist das, auch im Kinderprogramm, anders.

Sogar eine eigene Sendung um Kinder mit kindgerechter Information zu versorgen hat man sich am Küniglberg geleistet: die MiniZib. Wer kann sich nicht an den Quaxi den Wetterfrosch erinnern? Heute? Fehlanzeige! Das Kinderprogramm wurde beinahe gänzlich Thomas Brezina und seiner Produktionsfirma überlassen. Aktueller Bezug im Kinderprogramm? Richtig: Fehlanzeige. Nicht zufällig. Sondern gewollt austauschbar. Keine Jahreszeiten und aktuelle Bezüge im Programm. Schließlich soll es jederzeit wieder ausstrahlbar sein. Konserve.

Info

Der in meiner Kindheit verhasste, in der Jugend zu lieben gelernte Infoblock um 19:30 wurde -wie sonst soll ich dazu sagen- kastriert. Von 2 Sendern auf 1 reduziert. Versteh ich. Parallele Zwangsbestrahlung muss wirklich nicht sein. Dass allerdings die ursprünglichen 30 Minuten täglicher Zusammenfassung in nunmehr 15 Minuten gepresst werden ist ein Hohn. Tatsächlich ist die Zeit zwischen 19:30 und 20:15 ein riesiger Werbeblock garniert mit Information über die Welt, Politik und Promis und Sport. Primetime für Werbetreibende.

Werbung wirkt

Was mich noch zu meinem Lieblingsthema bringt: die Werbung. Es beschleicht mich der subjektive Verdacht, dass es hauptsächlich nur mehr darum geht wo,wie und wann man möglichst gewinnbringend Werbung ins tägliche Programm geschleust werden kann. Dass man dabei vor dem Kinderprogramm nicht halt macht ist furchtbar. Produktplatzierung während ganzer Sendungen. “Diese Sendung wurd/wird Ihnen präsentiert von” ist Usus. Formate werden künstlich gesplittet um daraus mehrere Einzelsendungen zu gestalten. Weil? Richtig! Die Werbeblöcke dazwischen. Kein anderer Sender (ausgenommen von Shoppingkanälen) ist dreist genug und sendet bist zu 10 Minuten Werbung am Stück. Damit dies im elektronischen Programmführer nicht so deutlich erkennbar ist, wird in Werbezeiten nichts eingeblendet. Einfach  nichts. Frag ich mein TV-Gerät während eines Werbeblocks was denn nun für eine Sendung zu erwarten wäre sagt mir dieser schlicht und ergreifend: Nix. Auch im Teletext wird gern verschleiert: Wann der nächste Beitrag austrahlt wird beantwortet dieser mit : “Danach”. Weil “derzeit” läuft Werbung.

Warum mich das Thema derzeit so stark bewegt? Weil es die Tendenzen zur Anbiederung an PrivatTV-Sender seit langem gibt. Diese haben allerdings eine gänzlich andere Ausrichtung: Blockbustern um Werbezeiten generieren zukönnen. Je Sozialporno, desto Mediamarkt. Die Quote muss stimmen. Sie allein bestimmt über Gedeih und Verderb des Senders.

Anders im öffentlich rechtlichen Rundfunk. Dieser soll, muss aber nicht, auf die Quote achten. Er kann es sich erlauben Sendungen zu produzieren, die nur(!) dem Bildungsauftrag dienen. Den diesen hat der ORF im Gepäch: Die Aufgabe zu bilden. Tut er das? Darüber kann sich jeder sein eigenes Bild malen.

Es ist die Tendenz, die ich im Laufe meines nicht mehr ganz so jungen Lebens glaube zu erkennen. In vielen Bereichen keine Schöne. Sobald es wieder Positives zu berichten gibt, mach ich das auch. Ehrlich. Bis dahin bleibt mir nur die Frage: ORF, quo vadis?

1 Gedanke zu „Noch einmal: ORF, quo vadis?“

  1. Ich möchte nicht Herr Brezina’s Erfolge schmälern, aber wenn ich die Sendungen so sehe, so sind sie sehr altbacken.
    Dem ORF laufen die 10-14 Jährigen in Scharen davon, weil sie sich für die im ORF gebotenen Sendungen nicht interesieren. Und einmal weg, ist es schwer das Publikum zurückzugewinnen.
    Wie kann man das besser machen: Anime.
    Erstaunt war ich das vor kurzem im 3sat der preisgekrönte Anime “das Mädchen, dass durch die Zeit sprang” gesendet wurde. Eine Freundin erzählte mir das ihre Mädchen (13) noch Tage davon schwärmten.
    Warum kann der ORF nicht sowas im Programm haben? Oder sich Serien wie “Blauer als Indigo (jap. Ai yori Aoshi)” oder “Oh! my goddess” senden. Sendungen die auch für Mädchen interesant sind.

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